1985 steinfeld

1985 • Heimat- und Zeitgeschichtliche Forschung

Ludwig Steinfeld

Schlüchtern 1917 – Fulda 1998



Ludwig Steinfeld

"Ein Drucker, Schriftsteller, Fotograf, Sammler, Volkskundler, Kunstkenner und Kunstfreund, ein Dichter, ein Grimm-Kenner, Hutten-Experte, ein Naturfreund und Kenner der Psychoanalyse, des Autogenen Trainings, ostasiatischer Kunst und Meditationsformen, christlicher Mystik und hessisch-bäuerlicher Kulturen ist vorzustellen, der auf vielfältige Weise seine Mitmenschen an seinen Schätzen und Kenntnissen teilhaben lässt: Ludwig Steinfeld (67) aus Schlüchtern."

Mit dieser langen und eindrucksvollen Liste von Berufen und Qualifikationen charakterisierte die Journalistin Ilse Werder den Kulturpreisträger von 1985 in einem Rundschau-Porträt.

Der Vielfalt der Interessen entsprach die Anzahl unterschiedlichster Veröffentlichungen Steinfelds, sie reichte von literaturwissenschaftlichen Beiträgen über die Brüder Grimm und Ulrich von Hutten, über Fachbücher mit Themen wie Autogenes Training und Meditation bis zu von ihm selbst illustrierten Bildbänden über "Feldscheunen aus Hessen" und "Das Schlüchterner Land".

Last but not least wies sich Ludwig Steinfeld auch als Sammler mit Superlativen aus. "Das Sammeln von Kunstwerken und Büchern in frühen Ausgaben bedeutet für mich das Eintauchen in den geistigen Raum der Künstler oder Verfasser, was am unmittelbarsten durch den Umgang mit Originalen geschieht," bekannte er.

Überwältigt schrieb Ilse Werder in einer Ausstellungsbesprechung 1985: "Was Ludwig Steinfeld in 30 Jahren an Grimmschen Erstausgaben, an Originalen altdeutscher, europäischer und asiatischer Dichtung und Märchen zusammengetragen hat, füllt den grünen Saal des Fuldaer Stadtschlosses bis zum letzen Winkel. Es vermittelt in einer bisher nicht dagewesenen Zusammenstellung erstmals ein Bild von den Quellen, Anregungen, Hinweisen, auf die die Grimms … gestoßen sind."

Ein weiteres Spezialgebiet Steinfelds waren Leben und Werk Ulrich von Huttens, der 1488 auf der Steckelburg bei Schlüchtern geboren wurde. Steinfeld sammelte alles, "was auftreibbar war" über den Reichsritter. Zum 500. Geburtstag Huttens, 1988, initiierte er eine repräsentative, national bedeutende Ausstellung und einen umfangreichen Katalog.

Weitere Ausstellungen, unter anderem über Goethes Reisen und zu Felix Ramholz, folgten.

Angeregt von dem Schlüchterner Heimatpfleger und persönlichen Mentor Wilhelm Praesent, befasste sich Steinfeld außerdem eingehend mit der Töpferkunst in Rhön, Odenwald und Spessart und beschäftigte sich dabei besonders mit dem Töpferdorf Marjoß. Schließlich hatte er eine Sammlung von 750 Stücken Irdenware und 150 Stück Steinzeug beisammen. Die Artefakte übergab er dem Hessischen Landesmuseum Kassel, damit sie "der Forschung und der ganzen Bevölkerung des Landes zur Verfügung stehen." Mit einer umfassenden Ausstellung und einem Katalog ehrte man 1975 in Kassel den Sammler.

Ein vierter Sammelschwerpunkt Steinfelds war die Malerei des Bauhaus-Künstlers Georg Muche. Die Kollektion, 1951 begonnen und mühsam auch aus der Schweiz und den Niederlanden zusammengetragen in einer Zeit, als sich die Kunstszene noch nicht wieder für das Bauhaus interessierte, ist heute von unschätzbarem Wert. Seine Muche-Bilder entlieh er der Tate-Galerie in London und ließ sie mit der Bauhaus-Ausstellung um die ganze Welt reisen, sie waren in Chicago, Tokio, Pasadena, Paris und Berlin zu sehen.

Für die bildende Kunst interessierte sich Steinfeld schon seit früher Jugend. 1918 als Sohn des Verlegers und Druckereibesitzers geboren, wurde er im Haus seines Schulfreundes Wolf mit bedeutenden Werken von Liebermann, Kokoschka, Schmitt-Rottluff, Paula Modersohn-Becker bekannt gemacht. Im Betrieb seines Vaters wurde er nach dem Schulabschluss zum Drucker ausgebildet und wechselte danach in eine Großdruckerei nach Frankfurt. Später arbeitete er viele Jahre als Prokurist und widmete seine Freizeit intensiven Studien in den Bereichen seiner Interessensgebiete.

Ilse Werder lobte an ihm "dass es dem Sammler und Schriftsteller vor allem darum geht, unersetzliche Werte in ihrem Sinnzusammenhang zu erhalten, andere Mitmenschen Anteil nehmen zu lassen an dem, was er als sachverständiger Kenner ermittelt und gesammelt hat."