Page 28 - MKK Kulturpreisträger 25 Jahre Katalog
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1982 Alfred Kühnert Schweina 1919 – Warburg 200036 Jahre lang war Alfred Kühnert Hauptlehrer in Oberzell. Angebote zum Schulort- und Aufgabenwechsel lehnte er beharrlich ab. Er prägtein diesen drei Dezennien nicht nur eine ganze Generation von Schüle- rinnen und Schülern, sondern er profilierte sich auch als Autor und Heimatforscher. Die starke Identi- fikation mit Oberzell führte er auf Ähnlichkeiten mit seinem Herkunfts- ort Schweina in Thüringen zurück. „Da Lebensart, Sprache und Sitten in vielem mit meinem Geburtsort jenseits der Rhön verwandt waren, fiel es mir nicht schwer, hier eine neue Heimat zu finden. Ich konnte die Freuden, aber auch die Sorgen und Nöte der bäuer- lichen Familien verstehen. Das schuf einen guten Kontakt und half mit, dass sie mir gegenüber aufgeschlossen waren und mich bei meiner Forschungsarbeit unterstützten.“Alfred Kühnert wurde 1919 im hessisch-fränkischen Teil Thüringens, südlich des Rennsteigs, geboren. Hier, wo die Großeltern zum Bauern- stand gehörten, ging er auch in die Grundschule. Anschließend besuchte er das Gymnasium in Liebenstein, machte 1938 Abitur und wurde von der Schulbank weg zum Arbeits- dienst verpflichtet. Er schrieb dazu: „Im Reichsarbeitsdienst erlebte ichden Versuch der Gleichschaltung, der Unterdrückung der Persönlichkeit.“ Von 1939–1945 war er – mit Unterbrechungen, in denen er für sein Studium freigestellt wurde –, Soldat in Frankreich und in Russ- land und erfuhr „die Ohnmacht deseigenen (Volkes) und noch mehr der fremden Völker gegen (über) Macht- gier und Rassenwahn und diktato- rischer Unterdrückung.“ 1938 – 39 und 1940 – 41 studierte er an der Universität Jena Pädagogik und war bis 1943 „außerplanmäßiger Lehrer“.Nach der Entlassung aus ameri- kanischer Kriegsgefangenschaft Ende 1945 wurde er im April 1946 mit der Verwaltung der Schulstelle Oberzell beauftragt. Die Entschei- dung, sich im Westen eine Existenz aufzubauen, begründete er damit, dass er sich „ein Leben unter einer neuen Zwangsherrschaft nicht mehr vorstellen (konnte).“Als Schriftsteller und Heimat- kundler trat Alfred Kühnert seit 1967 an die Öffentlichkeit, er ver- fasste Festschriften sowie Beiträge zum Heimatkalender. 1973 über- nahm er die Schriftleitung des „Bergwinkel-Boten“, die er bis 1998 innehatte. 1975 begann er mit der Herausgabe der Reihe „Bergwinkel Studien“. Hier erschienen: „Im Land der armen Hansen“ (Volks- kundliche Betrachtungen), „Fast ver- gessene Berufe“ (Berufs- und Wirt- schaftskunde) „Erlittene Geschichte“ (Heimatgeschichte des Bergwinkels). Der vierte Band „Aus Ällers Lade geholt“ mit den Themen Liedgut, Mundartgedichte, Anekdoten, Kinder- spiele, Spruchweisheiten, Märchen, Glaube und Aberglaube, Speisekarte der armen Leute, Erzähler des Berg- winkels, Käuze und Originale kam 1983 heraus.2825 JAHRE KULTURPREIS DES MAIN-KINZIG-KREISES