2006 eyfferth

2006 • Malerei

Joerg Eyfferth

Witzenhausen 1957

www.joerg-eyfferth.de



Joerg Eyfferth

Die Obstschale ist aus Silber, der Kochtopf ist aus Edelstahl. Auf den Gemälden von Joerg Eyfferth schimmern, glänzen und funkeln die Gefäße metallisch. Aber hat der Künstler tatsächlich "Silber" gemalt? Schaut man sich die Farbgebungen genau an, so finden sich - zum Beispiel- im dem Bild "Chrom 4" mit der Abbildung eines klassischen Sektkübels alle erdenklichen Farben: grau, gelb, leuchtendes blau, orange, rot, ocker, rostbraun, schwarz, aber kein einziger silberner Tupfer. Im Kopf des Betrachters verschmelzen die Farbstreifen zur Wahrnehmung von spiegelglattem, blitzblankem Metall. Eine Augentäuschung? Eine (Ver-)blendung? Der Trick liegt in der gespiegelten Wirklichkeit. Denn bei genauem Hinsehen sind in Eyfferths Schalen, Kübeln und Kaffeekannen Interieurs zu erkennen. Zu sehen sind zerdehnte Wohnräume, Fensterausschnitte, Porträts, manchmal ganze Flure, Treppenhäuser, ja sogar Schlossfassaden.

Mit diesen Spiegeleffekten in seinen Stillleben steht Joerg Eyfferth in einer langen Tradition der Malerei. Professor Gerhard Bott, langjähriger Leiter des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg, führt dazu aus, dass "das im Reflex einer Spiegelung wiedergegebenen Fenster in der Vergangenheit stets eine symbolische Bedeutung hatte, wie sie besonders in der Stilllebenmalerei des 17. Jahrhunderts angesprochen wird, die die Wiedergabe des durch ein Fenster in den Innenraum eingefallenen Außenlichtes auf bauchigen Wandungen der Trinkgläser vielfach verwendete." In seinem Essay "Joerg Eyfferth in der Reihe der Stilllebenmaler", der in dem Eyfferth-Bildband "Gespiegelte Wirklichkeiten" als Einführung fungiert, weist Bott auf die historischen, zum Teil aus Hanau kommenden, Vorbilder hin wie Peter Binoit, Franz Godin (Francesco Codino) und Jacob Marell.

Während in der Vergangenheit die Spiegelung auch als Vanitas-Symbol eingesetzt wurde (im Spiegelbild erscheinende Fenster - "Kreuze" und Totenköpfe) steigert Eyfferth damit die enorme Anziehungskraft seiner Arbeiten. Gelegentlich übernimmt er Auftragsarbeiten und lässt in den Gemälden die Einrichtung oder die Konterfeis seiner Kunden reflektieren. Dem memento mori setzt er gleichsam ein memento (modi) vivendi entgegen.

Pralles Leben zeichnet auch die Äpfel, Birnen, Melonen, Salatköpfe und Kürbisse in ihrer hyperrealistischen Darstellung aus. Lediglich die braun getupften Bananen und die erlegten Fische gemahnen an Vergänglichkeit und Tod.

Joerg Eyfferth, 1957 in Witzenhausen an der Werra geboren, malt seit seiner frühesten Jugend. Zum Broterwerb lässt er sich zum Elektroniker ausbilden, ab 1982 erlernt er das Handwerk der Lithografie, arbeitet im väterlichen Betrieb in Hamburg und beginnt autodidaktisch mit der Malerei. Seine erste Ausstellung hat er 1972 im Kunstkreis Norderstedt. Er gründet in Hamburg eine Familie, seine Kinder sind inzwischen 21 und 23 Jahre alt "und echte Hanseaten" wie Landrat Erich Pipa in seiner Laudatio zum Kulturpreis berichten kann. Ab 1993 ändert sich Eyfferths Leben radikal, er steigt aus seinem Beruf aus, er verlässt Hamburg, er heiratet erneut, folgt seiner Frau Inge nach Hanau und beginnt als freischaffender Künstler zu arbeiten.
Bereits 1994 zeigt er in der gerade neu eröffneten Remisengalerie des Hanauer Kulturvereins eine Bilderserie zum Thema "Der Mensch". In den Arbeiten, die großformatig Ausschnitte von Gesichtern und Körpern darstellen, ist tendenziell Eyfferths Präferenz für den Stil der amerikanischen Fotorealisten und Elementen der Pop Art schon erkennbar. Konsequent entwickelt er fortan die Ästhetik seiner modernen Stillleben, perfektioniert seine Technik, erweitert das Spektrum seiner Objekte und experimentiert erfolgreich mit Lichteffekten auf Glas. Gerhard Bott resümiert: "Von der ohne Pinselspuren gemalten, mit Licht und Schatten modellierten Körperlichkeit der Gefäße mitsamt ihrem Inhalt, geht eine starke, irritierende Wirkung aus."

Kunstfreunde, Sammler und Galeristen der Region werden auf Eyfferth aufmerksam. Die Verleihung des Cläre-Roeder-Münch-Preis der Stadt Hanau wirkt 1997 wie eine Initialzündung. Der renommierte Frankfurter Galerist Ulrich Gehring entdeckt ihn für sich und präsentiert ihn noch im selben Jahr auf der ART Cologne. Fortan interessiert sich der internationale Kunstmarkt für Eyfferth.

2000 stellt er in New York aus, 2003 in Houston, Texas, 2005 sind seine Werke in Bretten, in Siegen, auf der ART Frankfurt und der ART Santa Fe in den USA vertreten, danach in Zürich, Pforzheim und der ART-fair Köln zu sehen, der Kreis schließt sich mit einer Ausstellung in der Hanauer Remisengalerie.

2006 wird er in die älteste deutsche Künstlervereinigung, die Frankfurter Künstlergesellschaft aufgenommen. Nur wenige Tage nach seinem 50. Geburtstag kann er im Januar 2007 den Kulturpreis entgegennehmen.

Ruth Defoy