2016 back

2016 • Musik

Peter Back

Gelnhausen 1962

www.peterback.de



Peter Back

Laudatio auf Kulturpreisträger Peter Back

Sehr geehrte Damen und Herren,

der Main-Kinzig-Kreis vergibt in diesem Jahr den Kulturpreis an einen herausragenden Saxophonisten, Komponisten, Arrangeur, Produzenten und Musikpädagogen: Peter Back aus Linsengericht.

Der 54-jährige Ausnahmemusiker ist einer der prägenden Persönlichkeiten der regionalen und überregionalen Jazz- und Popszene. Am Saxophon hat er es zu großer Meisterschaft gebracht. Peter Back ist ein Profi – was sich sowohl in seinem Können als auch in seiner Einstellung zeigt. Sein Wirken auf Musiker und Zuhörer ist außergewöhnlich. Peter Back ist Jazzmusiker, zugleich Forscher und Vermittler, der seine Person stets in den Dienst der Musik stellt. Er ist ein Sympathieträger und seiner Region, seinem Landkreis, seiner Heimat sehr verbunden.

Peter Backs Mutter und Vater waren Sänger mit viel Herzblut. Eine instrumentale Aktivität der Eltern scheiterte an finanziellen Möglichkeiten. Dafür sollten die drei Kinder ein Instrument lernen, was Peter Back mit der Klarinette im Alter von neun Jahren begann und als Zwölfjähriger mit dem Saxophon fortsetzte. Er startete im Musikverein Lützelhausen, später folgte eine Tanzkapelle. Der Klang des Saxophons begeisterte ihn schnell, die Präsenz dieses Holzblasinstrumentes im damaligen Pop- und Rockbereich – noch weit vom klischeehaften Saxophon-Kitsch der 90er Jahre entfernt – sorgte zusätzlich für Antrieb. Aus dem Orchesterspieler wurde zunehmend ein Solist. Der Jazz und seine charakteristische Fokussierung auf Ausdruck, Rhythmik und Improvisation begeisterte und prägte den jungen Musiker. Gerade das Improvisieren – das spontane Entwickeln von Melodien – wurde mehr und mehr zur „Unwiderstehlichkeit“ für Peter Back. Ein Studium im niederländischen Arnheim und in Köln mit Schwerpunkt auf Jazz- und Popularmusik inklusive pädagogischer Ausbildung führte zur Expertise und Profession. Musik wurde vom intensiven Hobby zum Beruf. Bis heute habe er es nicht bereut, diesen Weg eingeschlagen zu haben, verrät er. Das Studium brachte nicht nur musikalische Fertig- und Fähigkeiten, sondern auch die Erkenntnis, dass Großstädte wie Köln „nicht das Richtige“ für ihn seien. Der „Rückzug“ in den Main-Kinzig-Kreis, zurück nach Linsengericht, sei deshalb kein „Rückschritt“ gewesen – nicht zuletzt aufgrund der guten Anbindung an das Rhein-Main-Gebiet und die „Jazz- und Rundfunkstadt“ Frankfurt.

Mit dem Erlernen von technischen Fähigkeiten und dem Vertiefen von musikhistorischen, stilistischen und ästhetischen Kenntnissen war nach Ende des Studiums selbstredend kein Endpunkt gesetzt. Im Gegenteil: Bis heute ist Peter Back rastlos auf der Suche, was ihn meiner Meinung nach besonders auszeichnet. Damit stehe ich nicht allein, denn egal ob man Musikerkollegen, Schüler oder Bewunderer von Peter Back nach seinen zentralen Eigenschaften fragt, erhält man oftmals Antworten wie: „Er ist sehr offen, vielseitig interessiert, engagiert, ständig in Bewegung, stets sich weiterentwickelnd, nie stillstehend, aufbauend auf traditionellen Pfaden und Errungenschaften“. Fragt man ihn selbst, was ihn und seine Entwicklungen und auch Zukunftsperspektiven ausmache, antwortet er pointiert: „Suche und Leidenschaft“. Das fasziniert mich besonders an einem doch scheinbar so „fertigen“ (alternativ: vollendeten) Musiker! Es beeindruckt an einem Künstler, der überall wegen seiner Erfahrung, seines musikalischen Wissens, seines Verständnisses und seiner Reife großen Respekt genießt (Peter Back ist nicht ohne Grund Träger des Jazzpreises des Landes Hessen). Das „Nie-am-Ende-Sein“ und das ständige „Sich-Verbessern-Wollen“ sind wahre Qualitätsmerkmale unseres Kulturpreisträgers. Gleichzeitig sprechen sie für seinen zurückhaltenden Charakter: Peter Back ist niemand, der sich von sich aus in die erste Reihe stellt. Sein Auftreten ist von Demut vor der Kunst und der Musik geprägt – und das nach vier aktiven Jahrzehnten als Saxophonist, Komponist, Arrangeur, Produzent und vielem mehr. Das macht ihn sehr sympathisch.

Die Plattformen, auf denen Peter Backs Musik zum Tragen und Klingen kommt, sind so vielfältig wie seine Musik selbst: man hört ihn in der HR-Big-Band; er ist festes Mitglied im HR-Jazzensemble, das er zwar nicht gegründet hat, dessen Leiter Albert Mangelsdorff („der“ deutsche Jazzmusiker schlechthin) ihn aber persönlich anwarb; er ist Mitbegründer des Main-Kinzig-Jazz-Quartetts; er gründete die renommierte Big-Band „17m“; er war Eckpfeiler des Projektes „MK‘40“ [deutsche Aussprache], einer Formation, die 2014 das 40-jährige Jubiläum unseres Landkreises musikalisch prägte und rund 7000 Gäste auf der Müllerwiese für das Fußball-WM-Finale in Brasilien einheizte; er ist gefragter Saxophonist bei bundesweiten Produktionen und dabei als kongenialer Partner von „Kapazitäten“ wie Heinz Sauer, Emil Mangelsdorff, Günther Lenz, Michael Wollny oder der US-amerikanischen Soul-, Funk- und Popgröße Chaka Khan aktiv. Gestern München, heute Frankfurt, morgen Köln, dann wieder Gelnhausen und Linsengericht…

In seiner Heimat lehrt Peter Back seine Instrumente Tenor- und Sopransaxophon. Seine Schüler sind Kinder, Jugendliche und Erwachsene aus verschiedenen musikalischen Stilrichtungen und mit unterschiedlichen Vorkenntnissen. Peter Back ist maßgebend für die Organisation und Gestaltung der alljährlichen Musizierfreizeit im Jugendzentrum Ronneburg – am kommenden Wochenende geht es da wieder rund. Er ist Leiter des Fachbereichs Jazz- und Popularmusik an der Musikschule Main-Kinzig. Viele seiner Schüler sind Preisträger des Wettbewerbs „Jugend jazzt“. Peter Back vermittelt ihnen nicht nur das „Handwerk“, sondern auch die Begeisterung, die für erfolgreiche und wertvolle Musik Voraussetzung ist.

Aus den Reihen seiner „SOS-Band für Erwachsene“ wird dies wie folgt kommentiert: „Wer bei Peter Back Unterricht hat, wird jedes Mal beschenkt. Auch wenn Peter das nicht weiß. […] Ganz behutsam hilft er durch Mitspielen auf den richtigen Weg, ohne zu kritisieren, nie stellt er einen Schüler bloß. In kleinen, von ihm wohldurchdachten Portionen, führt er uns. […] Peter findet immer etwas, das er loben kann, selbst wenn man für diesen Tag eigentlich zu wenig geübt hat. Wer noch ein wenig mehr Glück hat, darf mit ihm in einer Musikschul-Band spielen. Er arrangiert, in stunden- und tagelanger Arbeit, die wir ihm gar nicht bezahlen können, Musikstücke für uns. Er lässt uns Zeit, sie kennenzulernen, sie zu beherrschen […]. Er wartet, bis jemand sich traut, zu improvisieren, auch jahrelang, wenn es sein muss. Er tritt mit uns auf, vermittelt uns Sicherheit, die wir auch brauchen. Denn immer gibt es Patzer, die er, wie von Zauberhand, spürt, hört, repariert, soweit er es kann. […] Manchmal treten wir ohne ihn auf. Dann gibt es niemanden, der die kleinen Fehler vertuscht. Und niemanden, der am Ende sagt: ‚Gut gemacht.‘ Aber selbst das hat Peter uns gelehrt: Es geht ums Zusammenspielen. Von Peter Back kann man geniale Pädagogik lernen.“

Zu sich selbst ist er wesentlich härter als zu seinen Schülern. Aber er lebt vor, was unerlässlich für musikalisches Können ist: Nämlich üben, üben, üben, manchmal sogar bis die Lippen bluten… Regelmäßig, fokussiert, konzentriert: Es gab noch keinen Urlaub bei den Backs ohne Saxophon im Gepäck. Seine Familie selbst „duldet“ diese Leidenschaft gerne, Frau und Kinder seien selbst musikalisch interessiert, „wenn Sie mich üben lassen, wissen Sie, dass ich ausgeglichener bin als ohne Training“, sagt er.

Der berühmte Trompeter Miles Davis kann – selbst wenn er ein anderes Instrument spielt – als ein Vorbild für Peter Back gesehen werden. Ein Musiker, der sich nicht nur mit Jazz-, sondern auch mit Rock- und Pop-Stilrichtungen auseinandersetzte, der nicht der „Speziellste“ und nicht der weltweit technisch Versierteste war, der jedoch fast alle Phasen des Jazz seiner Zeit mitprägte, indem er die Musik vorantrieb und immer vielseitig interessiert blieb. Wie er, wird auch Peter Back auf der Suche bleiben und sich dabei weitab von Dilettantismus bewegen.

Somit können wir sicher sein, dass wir noch einiges an Überraschungen in seinem schöpferischen Leben erwarten können. Gerade deshalb freut es mich sehr, ihm nun den Kulturpreis des Main-Kinzig-Kreises überreichen zu können. Ein Preis, mit dem er sich ausgezeichnet fühlen darf – der aber auch durch ihn eine neue wertvolle Facette erhält.

 

Die Laudatio hielt die Erste Kreisbeigeordnete Susanne Simmler
02. November 2016, Main-Kinzig-Kreis