Franz Aumüller
Laudatio auf Kulturpreisträger Franz Aumüller
Es ist mir eine besondere Ehre, heute anlässlich der Kulturpreisverleihung des Main-Kinzig-Kreises über Franz Aumüller zu sprechen – einen Künstler, musikalischen Visionär und Allrounder, der mit seiner vielseitigen Kreativität zu Recht als herausragender Kulturschaffender in unserer Region gelten kann.
Das langjährige Schaffen von Franz Aumüller ist derart facettenreich und umfasst so viele Bereiche der Kunst, dass es ist nicht leicht ist, einen Anfang zu finden. Musiker, Labelbetreiber, Designer, Maler, Illustrator, Bildhauer, Video- und Installationskünstler, Filmemacher, Ethno-Botaniker, Geschichtenerzähler und Visionär ... das alles ist Franz Aumüller. Nach dem Studium der Kunstgeschichte und der visuellen Kommunikation verbrachte er einen guten Teil seines beruflichen Lebens in der Frankfurter Agenturszene, die er entscheidend mitprägte: 1984 war er Mitbegründer von „Trust Corporate Culture“, einer der Top-Werbeagenturen in den 1990er Jahren. Als kreativer Kopf konnte er in dieser Zeit viele seiner Ideen verwirklichen. Doch Werbung allein war nie genug für Aumüller, der vor allem nach künstlerischen Ausdrucksformen suchte, die seine Leidenschaft für elektronische Musik und Techno mit der Visualisierung von Musik verband. Visualisierung von Musik – das bedeutete damals vor allem anderen Video, ein Format, das die Musikszene rasant eroberte.
Mit „Instant Media Lab“ schuf er – quasi als Pionier in Frankfurt – eine Produktionsstätte für Videoarbeiten und damit die Basis für mehr als 100 Musikvideos und unzählige Alben. Dabei arbeitete er mit Musikern wie Brian Eno von „Roxy Music“ und anderen Größen der Musikszene zusammen, produzierte für die Musiksender MTV und VIVA und gestaltete unzählige Logos und Plattencover im Bereich Techno, Rock und Weltmusik. Er war Herausgeber des Kultmagazins INSTANT, entwarf die Flyer für den Frankfurter Techno-Club OMEN sowie zahllose Logos, u.a. für die BMG-Music Group und Sony Music. 2005 wechselte er schließlich als musikalischer Berater und „Kulturattaché“ zum legendären COCOON Club und dessen Betreiber, dem Frankfurter DJ Sven Väth. Der Fechenheimer Club galt seinerzeit als eine der angesagtesten Locations in der Techno-Szene weltweit. Legendär wurde auch Aumüllers Gestaltung der Clubräume: inspiriert von einer Figur aus „Alice in Wonderland“, erfand Aumüller eine eigene Figur für das COCOON – das weiße Kaninchen als Wegweiser in eine andere, über die Grenzen des Realen hinausgehende Welt.
Die Visualisierung von Musik als zentrales Thema für den Künstler Franz Aumüller führte ihn auch zur intensiven Beschäftigung mit den Brüdern Fischinger, den bis Anfang der 1990er Jahre fast vergessenen Trickfilmpionieren aus Gelnhausen. Die abstrakte Filmkunst von Oskar und Hans Fischinger, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit ihren bahnbrechenden technischen Verfahren zur Visualisierung von Musik weltweit Aufsehen erregten, wurde von den Nazis als „entartet“ abgestempelt. 1936 emigrierte Oskar Fischer in die USA und startete eine beispiellose Karriere in Hollywood, u.a. durch die Unterstützung von Ernst Lubitsch. In Gelnhausen blieben die Brüder Fischinger weitestgehend unbeachtet. Es ist in hohem Maße Franz Aumüller zu verdanken, dass dies heute anders ist: er vertonte einige der Fischinger-Werke neu und arbeitete gemeinsam mit Oskar Fischingers Frau Elfriede an einer Dokumentation über den Filmkünstler. Seinem Engagement ist es zu verdanken, dass heute eine Gedenktafel an ihn erinnert:
Oskar Fischinger
Pionier des abstrakten Films
Wegbereiter der visuellen Musik
So ist heute auf dem Schild an Fischingers Geburtshaus in Gelnhausen zu lesen.
Doch neben all diesem Engagement und der Medienarbeit ist Franz Aumüller immer ein Künstler geblieben. Auch während seiner aufreibenden Frankfurter Jahre als Werber widmete er sich immer der Musik und eigenen Kunstwerken. Er erfand eine spezielle Kopiertechnik für seine hypnotisch wirkenden Fotomontagen, die sich wie im „Filmmodus“ lesen lassen. Großformatige Kollagen, mehrdimensionale Objekte, die in ihrer Ornamentik an maurische Kultureinflüsse erinnern, Plastiken aus Pappe und Kunststoff – Franz Aumüller lotet in seiner Arbeit den kreativen Rahmen von Malerei und Gestaltung immer wieder neu aus. Mit seinen eigenwillig bearbeiteten Holzobjekten – Trophäen, die er im Wald findet – zeigt der Künstler eine enge Affinität zur Natur. Der geht er auch im eigenen Garten nach: einem wild verwunschenen Labyrinth aus Bambusstauden, das an Zen-Gärten erinnert.
Seiner Heimatstadt und der Region ist er bei all dieser kreativen Umtriebigkeit immer treu geblieben. So brachte er den renommierten Visual Music Award nach Gelnhausen, einen ursprünglich in Frankfurt gestarteten Nachwuchswettbewerb für junge Künstler im Bereich der Visualisierung von Musik und Ton. Für die Toskana-Therme in Bad Orb entwickelte er gemeinsam mit seinem Weggefährten Micky Remann das Liquid-Sound-System, eine einzigartige Unterwasser-Klangwelt mit Schwerpunkt auf elektronischer und Neuer Musik.
„Kunst ist schön, macht aber auch viel Arbeit“ – dieser wunderbare Satz von Karl Valentin gilt meiner Meinung nach ganz besonders für Franz Aumüller, der mit seiner rastlosen Energie nicht nur selbst immer wieder neue kreative Wege ging, sondern auch Wegbereiter war für junge Nachwuchskünstler, gerade im Bereich der Visualisierung von Musik. Dass sein Lebensmittelpunkt dabei immer im Main-Kinzig-Kreis geblieben ist, scheint mir bemerkenswert. Als echter Wächtersbacher lebt er auch heute noch in seinem 450 Jahre alten Elternhaus mitten in der Altstadt. Im Erdgeschoss des früheren Ladengeschäftes befand sich sein KUNSTRAUM, direkt nebenan werden gerade Räumlichkeiten für eine neue Galerie hergerichtet, in denen zukünftig Künstler aus der Region ihre Werke ausstellen können. Zudem gründete Aumüller 2016 gemeinsam mit seiner Frau Enesa den Wächtersbacher Altstadtförderverein: Denkmalschutz und Denkmalpflege, aber auch die Förderung der Kultur in der Altstadt sind die erklärten Ziele des Vereins. Dass hier ein renommierter Künstler in seiner Heimatstadt nicht nur daran arbeitet, Tradition und Kulturdenkmäler zu bewahren, sondern gleichzeitig auch ein neues Zuhause für die zeitgenössische Kunst schafft, wäre allein schon eine Würdigung wert. Franz Aumüller verbindet aber in ganz besonderer Weise sein künstlerisches Schaffen, das ihn in alle Teile der Welt geführt hat, mit hohem Engagement für die Kultur im Main-Kinzig-Kreis – der Region, in der er seine Mitte hat. Daher freue ich mich jetzt ganz besonders, diesen in seiner Vielseitigkeit herausragenden Künstler und Kulturschaffenden zu mir zu bitten – Franz Aumüller!
Die Laudatio hielt Horst Wanik (Mitglied der Kulturpreisjury),
12. November 2019, Main-Kinzig-Forum