1978 • Puppentheater

Karl Magersuppe

Kassel 1900

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Karl Magersuppe

Karl Magersuppe ließ die Puppen tanzen: Prinzessinnen, Könige, Rotkäppchen, Hänsel und Gretel, den bösen Wolf, Aschenputtel, den Fischer un sin Fru, Tod und Teufel… Nachmittag für Nachmittag öffnete er Kindern und Erwachsenen die Wunderwelt seiner Marionetten, ließ sie Grimmsche Märchen am seidenen Faden erleben. Bis zu 600 Vorstellungen bestritt das Familienunternehmen Magersuppe pro Jahr in seinem Domizil in Steinau, die meisten davon waren ausverkauft!

Prinzipal Magersuppes selbstgeschnitzte Spielfiguren sind allerdings nicht nur in der Region bekannt geworden, er hatte mit den "Holzköppen" 40 Auftritte in Japan, stand sowohl dort als auch in anderen Ländern und in der Bundesrepublik vor der Fernsehkamera und hat sogar dem dänischen Königspaar vorgespielt. Neben den Grimmschen Märchen gehörten immer auch Stoffe aus anderen Kulturen oder jüngeren Epochen zum Repertoire: Pinocchio durfte ebenso wenig fehlen wie die Chinesische Nachtigall oder die alte Geschichte vom Doktor Faustus.

Karl Magersuppe wurde 1900 in Kassel geboren und vertauschte eine gutbürgerliche Existenz gegen die des Puppenspielers, nachdem er 1924 von einer Göttinger Studentengruppe Bühne, Figuren und Requisiten erstanden hatte. Die Eröffnungsvorstellung gab er mit dem "Doktor Faust" in der Aula der alten Klosterschule in Bad Hersfeld. Das Ensemble bestand damals aus Friedrich Herbold, dem späteren Journalisten und Kunstkritiker, Theo Otto, der danach Bühnenbildner in Zürich wurde, Edgar Fuchs, der es zum Oberspielleiter in Lübeck brachte, und dem Pfarrerssohn Fritz Reinhold. Nach zehn Jahren gab es politisch erzwungene Einbrüche, denn ab 1933 sollte Karl Magersuppe im Sinne der neuen Machthaber spielen. Das ging nicht immer gut, denn sein Kasper war nicht linientreu und eckte sehr oft an. Der Zweite Weltkrieg begann, und als der Puppenspieler aus Russland heimkehrte, da hatte der Krieg seine drei Kinder verschlungen, seine Frau starb bald danach und für Karl Magersuppe begann eine Zeit tiefsten Dunkels. Als im Oktober 1949 die alten Spielbücher wieder ans Licht kamen, wurden die Puppen zu neuem Leben erweckt. So zog er fortan mit seiner zweiten Ehefrau Katharina und mit Elisabeth Schmeiser, dem "Elschen", durch die Lande. 1955 suchte er per Inserat in einer Kasseler Zeitung eine feste Bleibe und erhielt eine Offerte aus Steinau für den Marstall des Schlosses.

In den historischen Mauern des Städtchens, das auch die Kulisse für die Kinderjahre der Brüder Grimm abgegeben hatte, fand der Figurenspieler seine angemessene Heimat.

Seitdem kamen große und kleine Besucher aus aller Welt in seine Spielstätte, bestaunten den faszinierenden Fundus des "Holzköppe"- Magazins und der auf zahlreichen Auslandreisen erworbenen wertvollen Figurensammlung und ließen sich von dem traditionellen Gestus der Marionettenaufführungen bezaubern.

Magersuppe gehörte zu den prominentesten Mitgliedern der Weltorganisation der Puppenspieler "UNIMA" und wurde mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse ausgezeichnet.

Bis zu seinem Tod 1981 gehörte jeder Tag seines Lebens dem Puppenspiel, seine Frau folgte ihm 1986. Bis Oktober 2001 lag die Leitung des Theaters in den Händen der zweiten Generation, Sohn Erle und Schwiegertochter Lilo Magersuppe führten sein Erbe fort. Sie wurden dabei unterstützt von Enkel Mario, der sich in die Bereiche Figurenbau, Reparatur und Backstage-Technik eingearbeitet hat. Zu dem Familienunternehmen gehören sowohl die Enkelinnen Nina und Jasmin als auch die Ensemblemitglieder Monika Steiner, Norbert Kirchner, Udo Gläsner und Elisabeth Schmeiser. Im Herbst 1999 konnten sie zusammen mit Freunden und Fans das 75jährige Bestehen des Marionettentheaters feiern, das Experten zufolge damit zu den ältesten, bestehenden Puppentheatern in Deutschland zählt.

Das Geheimnis, wie die "Holzköppe" dieses dreiviertel Jahrhundert überdauern konnten und warum in der Ära von Computeranimierten Figuren noch jährlich 50.000 Zuschauer ihren Weg ins Steinauer Theater finden, war während des Jubiläums deutlich zu erkennen: das Kapital der "Holzköppe" ist die Wärme und die Menschlichkeit, die die ganze Familie Magersuppe ausstrahlte!

Heute liegt die Leitung des Theaters in den Händen von Lilo Magersuppe, nachdem Erle im Oktober 2001 nach langem Krebsleiden starb.