Margarete von Isenburg
"Es gibt wirkliche Überraschungen. Im Bahnhof von Hanau — ich kam von einem mehrtägigen Aufenthalt zurück — erfuhr ich von dem Preis. Ich stieg in ein Taxi — vorsichtig — ich dachte für einen Moment, ich hätte einen Kranz auf dem Kopf. Wie die Griechen. Ein schönes Gefühl."
Mit diesen Sätzen begann die 79jährige Prinzessin Margarete von Isenburg 1980 im Roten Saal von Schloss Philippsruhe ihre Danksagung für den Kulturpreis. Sie war die erste Frau, die man mit der Auszeichnung ehrte. Honoriert wurde ihre unermüdliche Tätigkeit als Dozentin der Kunstgeschichte sowie die ungewöhnlich erfrischende und humorvolle Art, mit der sie ihr Wissen vermittelte.
Erkennungs- und Markenzeichen der Prinzessin war denn auch nicht das zu erwartende Krönchen oder der von ihr imaginierte Lorbeerkranz, sondern ein Turban, den sie kunstvoll über der Stirn verknotete.
1901 wurde sie in Langenselbold in eine der bedeutendsten deutschen Adelsfamilien hineingeboren, war fortan in Familie und Dorf die "Prinzess Maggie" und durchlief eine "eiserne Erziehung". Weil nach dem Ersten Weltkrieg das ohnehin nicht große Vermögen der Eltern fast "weggewesen" ist, wie sie sagte, musste sie in der Landwirtschaft das Häckseln, Ährenbinden, Kartoffelnlesen und Heuaufladen lernen und praktizieren. Anfang 1930 entschloss sie sich zum Studium, konnte aber kein Abitur nachweisen und musste eine Begabtenprüfung ablegen, die sie glänzend bestand. Ab 1933 studierte sie "mit großer Begeisterung" Kunstgeschichte, Archäologie und Romanistik, zunächst in Frankfurt, später in München. "Ich hab’ abwechselnd ein Semester studiert und eines gearbeitet, um das Weiterstudium finanzieren zu können," erzählte sie 1980 in einem Zeitungsinterview. Einen Abschluss hatte sie wegen der Kriegswirren nicht machen können. Ihre Sprachkenntnisse — sie konnte Englisch, Französisch, Italienisch und Lateinisch — verhalfen ihr zu verschiedenen Jobs während der NS-Zeit. So verdingte sich die "politisch blauäugige Aristokratin vom Lande" in München bei einer "anrüchigen Einrichtung der Zensur" und übersetzte in Latein geschriebene Kirchenpost und italienische Korrespondenz ins Deutsche. Dann wechselte sie zum Goethe-Institut und arbeitete dort auf Honorarbasis, weil sie "nicht Angestellte der Nazis werden wollte." Ab 1944 war sie wieder zuhause in Langenselbold und half in der Gutsverwaltung.
Margarete von Isenburg hat ihr Leben lang viel und auch hart arbeiten müssen, um sich über Wasser zu halten. Die Apanage, die sie von den Verwandten bekam, war alles andere als fürstlich und noch geringer als die kleine Rente, die sie sich mit jahrzehntelanger Dozententätigkeit schließlich erwarb. Nach dem Krieg unterrichtete sie an der Handelsschule in Hanau Englisch und Französisch, ab 1960 hatte sie einen Lehrauftrag über die Geschichte der Goldschmiedekunst an der örtlichen Staatlichen Zeichenakademie, außerdem war sie viele Jahre Dozentin an der Kreisvolkshochschule und hielt kunsthistorische Vorträge im 3. Hessischen Fernsehen.
Sie führte Kunstreisen und Exkursionen nach Rom, Florenz, Paris und nach Dänemark an und leitete Seniorenfahrten zur Stauffer-Ausstellung nach Stuttgart und zur Tutenchamun-Ausstellung nach Köln. Noch in ihrem 80. Lebensjahr hielt sie pro Semester vier kunstgeschichtliche Kurse und jeweils zwei Kurzseminare mit anschließenden Fahrten ab. Dank ihrer beeindruckenden Persönlichkeit hatten diese Lehrveranstaltungen enormen Zuspruch. Das Geheimnis der Prinzessin? "Ich rede so gern — ich glaube, ich könnte Tag und Nacht reden, wenn ich Zuhörer hätte."