1991 schneck

1991 • Theater

Erland Schneck-Holze

Großauheim 1946

E-Mail: schneck-holze@t-online.de



Erland Schneck-Holze

Einer der schillerndsten und manchmal umstrittensten Theatermacher der Region ist der Pädagoge Erland Schneck-Holze. Seit 1976 überrascht er seine nähere Umgebung, die Hohe Landesschule, an der er Deutsch und Gesellschaftskunde unterrichtet, sowie die Hanauer Öffentlichkeit alljährlich mit Aufsehen erregenden Inszenierungen. Das Spektrum reicht von Sophokles bis Dürrenmatt. Superlative sind seine Spezialität: Zum Teil hat er weit über hundert Schülerinnen und Schüler auf die Bühne gebracht und Aufführungsdauern von viereinhalb Stunden erreicht.

Durchgängiges Motiv aller Inszenierungen, ob Mammutspektakel oder versuchtes Kammerspiel, ist das Weltentheater. Die Dialektik von Gut und Böse, Oben und Unten, von Illusion und Utopie einerseits, Destruktion und Inferno andererseits, reizen ihn. Widersprüchlichkeit, der am Ende das "Dennoch-Prinzip" entgegengesetzt wird. Das erreicht er mit starken Kontrastierungen, sowohl bei der Interpretation der Bühnenfiguren als auch mit der Wahl der Mittel. Tragik und Komik liegen dabei ebenso oft nebeneinander wie Pennälerwitz und hehre Kunst im Sinn vom Wahren, Guten und Schönen. Ein weiterer Aspekt ist es, den Sinngehalt der Klassiker auf aktuelle Probleme der Gegenwart zu beziehen. So wählt er im Jahr des Golfkrieges Lessings "Nathan der Weise" aus und konterkariert die versöhnliche Schlussszene, in der sich Juden, Christen und Moslems als Angehörige einer großen Familie erkennen, im Geschützdonner des Krieges untergehen … oder er interpretiert Shakespeares "Sommernachtstraum" als Drogentrip oder organisiert unmittelbar nach der Öffnung der Grenzen der DDR eine Tournee mit seiner politisch-brisanten Inszenierung von "Perestroika" in Gotha und Eisenach. Seine Schülerdarsteller lässt Erland Schneck-Holze dabei am vorgegebenen Text frei assoziieren. Die gemeinsame Erarbeitung ist von einem radikal-demokratischen und nicht-repressiven Umgang geprägt. "Was will der Autor und was geht dabei in mir vor?" sind die zentralen Fragen, mit denen er die Kreativität seiner Schüler herausfordert.

Für den Außenstehenden, der Schneck-Holze bei seinen Proben beobachtet, wirkt der Mann theaterbesessen. War das schon immer so? Er antwortet: "Ich war ein Hortkind und habe dort immer schon ruminszeniert." Später, als Hola-Schüler, hat er dem stellvertretenden Schulleiter Mikasinovic beim Proben auf die Finger geschaut und sich von ihm beeindrucken lassen, wie er den Schülern "erst spielerisch freie Hand ließ und dann am Gezeigten feilte." Diese Methode hat Schneck-Holze für seine Regiearbeit im wesentlichen übernommen.

Nach dem Abitur hätte er gerne Regie und Dramaturgie studiert, entschließt sich — wahrscheinlich auf Wunsch seiner realistischdenkenden Eltern — für das Studium der Germanistik, Politologie, Philosophie und katholischer Religion. Während seiner Studienjahre an der Universität Frankfurt wird er mit der APO und der 1968er Bewegung konfrontiert. Die Referendarzeit absolviert er an der Hohen Landesschule, wird anschließend daselbst in den Schuldienst übernommen und ist dort mittlerweile Oberstudienrat.

Anlässlich der Kulturpreis-Verleihung, die mit Erland Schneck-Holzes 45. Geburtstag zusammenfällt, versammeln sich die Hola-Mimen zu einer "Urdrama" genannten "parabolischen Improvisation" mit Hinkelstein, Löwe und Steinzeitwesen, Textproben von Goethe, Schiller und Kleist. Als Narr tritt Rolf Kanies an, der, aus der Schneckschen Truppe stammend, inzwischen Engagements an Schauspielhäusern in Graz, Bochum und Krefeld vorweisen kann. Die Aufführung gerät zu einer Hommage auf das Hola-Schultheater und seinen langjährigen spiritus rector. "Die Nibelungen" — nach Hebbel —, sind im Sommer 2001 Objekt seiner 24. Hola-Produktion. Zum Jubiläum seiner 25. Inszenierung plant er 2002 ein Projekt zur Landesgartenschau Hanau.