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2002 • Kunst

Franziska Haslinger

Berlin 1936

www.haslinger-kunst.de



Franziska Haslinger

Es ist einmalig in der 25-jährigen Geschichte des Kulturpreises, dass aus einer Familie drei Kulturpreisträger hervorgegangen sind," beginnt Landrat Karl Eyerkaufer seine Laudatio auf Franziska Haslinger im November 2002. Ihr Vater, Alexander Harder-Khasán, war der erste Preisträger 1977 und ihre Mutter, Alexandra Harder, bekam 1995 für ihr Lebenswerk den Kulturpreis. Tochter Franziska Haslinger wird 1936 in Berlin geboren, nachdem das Künstlerpaar eine politische Odyssee von Russland über Kanada und die USA hinter sich gebracht hat. Die folgenden Jahre sind geprägt von erneuter politischer Repression und dem zweiten Weltkrieg. Die Mutter übersteht den Krieg mit der kleinen Franziska in Berlin und Wernigerode. Die Familie findet sich im niedersächsischen Osterlinde wieder und übersiedelt 1949 nach Hanau.

Franziska Haslinger verbringt ihre Schulzeit in der Grimm-Stadt, macht Abitur und geht 1956 nach Wien, um an der Akademie für bildende Künste zu studieren. Sie absolviert die Meisterklasse von Professor Sergius Pauser, die in den wilden 50er Jahren " wie eine Insel intensiver Arbeit gewirkt haben muss, von der die frühen Beispiele mit dem Erproben formaler Möglichkeiten zeugen", schildert Professor Dr. Heribert Hutter die damalige Situation und er folgert: "Franziska Haslinger nimmt die Geometrie wörtlich. Das soll auch heißen: dreidimensional. Die Ästhetik strenger Zahlenverhältnisse wird greifbar. Doch vermeidet sie erfolgreich die Sterilität der "reinen" Mathematik durch Verschränkungen sowohl in der Fläche als auch im Raum. So wird aus einfachen Grundmotiven ein spannungsreiches Feld formaler Möglichkeiten erforscht. Ihre Arbeiten sind in sich geschlossene (graphisch bestimmte) Signale."

Die Künstlerin selbst bekennt: "Licht und Raum faszinieren mich von jeher. Die Farbe bedeutet für mich ein spezifisches Aroma des beispielhaften Versuches."

Franziska Haslinger schließt die Hochschule 1959 ab, setzt ihre Ausbildung jedoch fort an der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt Wien, die sie 1960 mit Diplom verlässt. In Wien lernt sie auch ihren Mann kennen. Von 1960 bis 1965 arbeitet sie als Grafikerin in Österreich und Deutschland. Nach der Geburt von Sohn Gregor wird sie zur freischaffenden Künstlerin. In den 1970er Jahren baut die Familie in der Hanauer Gottfried-Keller-Straße ein Haus mit einem großen, lichtdurchfluteten Atelier. Die Räume sind vom Bauhaus-Stil und der klassischen Moderne geprägt und bieten das passende Ambiente zum Konstruktivismus und Minimalismus von Haslingers Arbeiten. Betrachter und Kritiker bewundern immer wieder, mit welcher Hartnäckigkeit sie sich ihrer künsterlischen Aufgabe stellt, die Ernsthaftigkeit der Auseinandersetzung sowie die grosse handwerkliche Qualität.

Ilse Werder schreibt: "Ihre Bildzeichen verändern den Raum, verändern die Wahrnehmung des Betrachters, lassen keine schnellen Aha-Erlebnisse zu. Es ist eine ernste Kunst, mit der Franziska Haslinger den Betrachter konfrontiert, sie fordert ihn, sie gibt aber auch verblüffende neue Seherlebnisse."

Ihr hoher Anspruch an sich selbst korrespondiert mit langen künstlerischen Reifungsprozessen und einer außerordentlichen Bescheidenheit. So ist zu erkären, dass sie, abgesehen von einzelnen Beiträgen bei "Simplicius", erst ab 1985 mit Einzelausstellungen in Erscheinung tritt: Studio Berggemeinde Frankfurt, 1988 Galerie L9 Oberursel. 1990 macht sie Furore mit der von ihr initiierten Ausstellung "Wien-Hanau-Zürich" im Museum Schloss Philippsruhe, wo sie sich gemeinsam mit zwei ehemaligen Wiener Kommilitonen (Jürgen Messensee und Brigitta Malche) der Öffentlichkeit stellt. 1991 folgt eine Ausstellung im Kunstverein Friedberg und 1993 im Dominikanerkloster Frankfurt/ Main.

Auf Frankfurt und Wien folgen 2000-2001 die vielbeachtete Schau "Spatium" in der Hanauer Galerie König und ab Februar 2003 zu Ehren der Kulturpreisverleihung eine Retrospektive mit dem Titel "Auf den Punkt gebracht", ebenfalls bei König.

Franziska Haslinger zeichnet zusätzlich ihr pädagogisches Engagement aus. Annähernd 250 kunstinteressierte junge Leute haben in den vergangenen 16 Jahren regelmäßig ihr Atelier besucht, um dort sehen, zeichnen und malen zu lernen. Unter der Prämisse: "Vor der Kunst steht das Handwerk" erwerben die Schülerinnen und Schüler die Fähigkeit zum gegenständlichen Zeichen und Malen in den medientypischen und experimentellen Techniken.…und immer wieder und vor allem: visuelles Erkennen!

Mittlerweile hat das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst ihre Einrichtung anerkannt und unzählige ihrer Elevinnen und Eleven haben sich erfolgreich mit der bei ihr erarbeiteten Kunstmappe an Hoch- und Fachschulen bewerben können.

In Gesprächskreisen, wie dem des ehemaligen Kulturdezernenten Klaus Remer, sowie in Diskussionsangeboten im eigenen Atelier hat sich Franziska Haslinger außerdem immer als streitbare Verfechterin und profunde Kennerin moderner Kunst erwiesen und dazu beigetragen, dass sich in einer Stadt, "in der gegenstandslose Kunst noch gern als Scharlatanerie beargwöhnt wird", manches bewegt hat.